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Über die Anatca

von Tulheis Rezon, einem Gelehrten aus Cumea

Schon seit Jahren suchen viele cumeische Wissenschaftler nach einem Beweis für die Existenz jenes Volkes, das meist Anatca genannt wird, doch bisher vergeblich. Sie sind Gegenstand zahlreicher Mythen, Schauermärchen und Lieder und jeder Bewohner des Kaiserreiches kennt sie. Es gibt unzählige Geschichten über Cumeaner, die von Anatca entführt und getötet wurden, über ein geheimnisvolles Volk, das in labyrinthartigen Höhlensystemen unter der Erde wohnt, über ein unheimliches Flüstern und seltsame Gestalten, die in verlassenen Häusern spuken. Aber es fehlt jeder Beweis.....
Nur ein Mythos also? Ich persönlich bin mir sicher, dass es die Anatca gibt, vor allem deshalb, weil sonst die Einheitlichkeit der Mythen eigenartig erscheinen würde, denn die Anatca werden - was Aussehen und Verhalten betrifft - immer gleich beschrieben:

Aussehen und Körperliches

Anatca
(c) by Ghikra
Vom Körperbau her werden die Anatca ähnlich beschrieben wie die Dunai: großgewachsen und schlank. Allerdings dürften die Anatca sogar noch größer als die Dunai aus Palua sein, denn wenn man den Erzählungen Glauben schenken will ist bei ihnen eine Körpergröße von sieben Fuß keine Seltenheit. Ihre Bewegungen werden als geschmeidig, fast schon katzenhaft beschrieben, was sie erneut mit den Dunai gemeinsam haben. Ihre Haut ist sehr hell, teilweise mit einem silbrigen Schimmer. Gewöhnlich haben sie ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen und gerader Nase - also Gesichtszüge, wie man sie von den Dunai kennt. Was sie von jedem Menschenvolk unterscheidet sind ihre Augen, denn die Anatca haben die Augen von Katzen mit gelber oder grüner Iris und Pupillen, die bei Licht zu schmalen Schlitzen werden, in der Nacht aber als runde, grüne Flächen leuchten.

Die Haare der Anatca sind meist schwarz, manchmal mit einem bläulichen Schimmer, manchmal auch ins Silbergraue gehend. Abgesehen von den Haaren am Kopf und den Augenbrauen haben die Anatca keine Körperbehaarung, das heißt, männlichen Anatca wächst kein Bart. (Interessant ist, dass auch manche dunaischen Männer keinen Bartwuchs haben - eine weitere Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Völkern)

Grundsätzlich werden Anatca immer als sehr faszinierend, aber auch furchteinflößend beschrieben, was einerseits an den ungewöhnlichen Augen liegt, andererseits wahrscheinlich auch an ihrer beeindruckenden Größe und ihren spitzen Eckzähnen, auf die ich unter "Lebensweise" noch genauer eingehen werde.

Etwas sehr Erstaunliches berichtet man sich über die Lebensdauer der Anatca: Es heißt, dass sie an die 1000 Jahre alt werden können, wobei Anatca mit etwa fünfzig Jahren ausgewachsen sind und dann ihr Aussehen bis zu ihrem Tod kaum mehr ändern. Wenn man also einem Anatca gegenübersteht kann man nicht unterscheiden, ob er erst 60 oder vielleicht schon 600 Jahre alt ist.

Lebensweise

Anatca leben tagsüber meist in unterirdischen Höhlensystemen und gehen in der Nacht auf die Jagd. Das liegt daran, dass sie mit ihren Augen nachts besser sehen können - die Behauptung, Anatca könnten kein Tageslicht aushalten findet sich nur in ganz wenigen Mythen und ist daher sehr unwahrscheinlich. Gewöhnlich finden sich die Anatca zu kleinen Verbänden von etwa zwei bis fünf Familien zusammen, wobei die Größen der Familien sehr unterschiedlich sein können, da die Angehörigen von bis zu vier Generationen als eine Familie gelten können. Es heißt aber, dass Anatca nur selten Kinder bekommen, was vielleicht ganz gut ist, da sie sich ansonsten aufgrund ihres langen Lebens zahlenmäßig zu sehr ausbreiten würden.

Nachts gehen die Anatca wie gesagt auf die Jagd und damit kommen wir zu dem Punkt, der die große Scheu der Menschen gegenüber den Anatca erklärt, denn die Anatca ernähren sich vorzugsweise von menschlichem Blut. Sie können zwar auch mit dem Blut von Tieren überleben, aber wenn sie die Wahl haben, werden sie sich für menschliches entscheiden. Wie bereits erwähnt haben die Anatca sehr spitze Eckzähne, mit denen sie ihrem Opfer in den Hals beißen. Danach saugen die Anatca ihrem Opfer das Blut aus, was laut Mythen ausnahmslos zum Tod führt. (Es gibt aber zahlreiche noch lebende Cumeaner, die felsenfest behaupten von einem Anatca gebissen worden zu sein.) Wie oft ein Anatca Blut trinken muss ist nicht bekannt, aber wahrscheinlich nicht öfter als einmal in der Woche.
Allerdings ernährt sich dieses Volk nicht ausschließlich von Blut, sondern auch von Wurzeln, Früchten und Nüssen - eigentlich von allem außer von Fleisch. Kein Anatca kann aber ohne Blut überleben - wenn sie sehr lange keines bekommen haben werden sie schwach und verlieren ihre angeborenen Heilkräfte, womit wir bei einem weiteren Punkt angekommen sind, den die Anatca mit den Dunai gemeinsam haben:

Jeder Anatca kann sich bis zu einem gewissen Grad selbst und auch andere von Verletzungen heilen, was sie zwar nicht unverletzlich macht, aber doch um einiges robuster als die meisten menschlichen Völker. Ihre Heilkräfte dürften beinahe zehn Mal so groß sein wie die der Dunai, da sie anscheinend nicht soviel eigene Lebensenergie zum Heilen aufwenden müssen. Zudem können auch die Anatca die Elemente bis zu einem gewissen Grad beherrschen (vor allem die Elemente Feuer und Geist). Von weiteren magischen Fähigkeiten ist nichts bekannt.

Gesellschaft, Glauben und Sprache

Die Anatca haben laut Mythen eine recht hoch entwickelte Kultur mit einem ausgezeichnet funktionierenden Sozialsystem. Meist leben sie zwar verhältnismäßig primitiv in den Höhlen, aber es gibt auch Erzählungen von riesigen unterirdischen Städten. Sie dürften Freunde der Kunst und der Wissenschaft sein und sehr intelligent. Ein Gespräch mit einem Anatca dürfte daher äußerst lehrreich und interessant sein - vorausgesetzt, man überlebt es.

Jeder Anatcaverband wird von einem gewählten Führer regiert, dessen Macht aber im Vergleich zur der unseres Kaisers sehr gering sein dürfte. Angeblich gibt es zwar geschriebene Gesetze, die aber eher überflüssig sind, da es für die meisten selbstverständlich ist, alle Anatca mit Respekt zu behandeln und sie nicht zu verletzen (sei es nun mit Worten oder mit Waffen). Grundsätzlich gilt jeder Anatca als gleichberechtigt - es gibt also keine unterschiedlichen Stände und natürlich keine Sklaverei.

Die Religion der Anatca ist eine Art Glaube an die "beseelte" Natur, was heißt, dass die Anatca in jeder Pflanze und in jedem Lebewesen, ja sogar in jedem Stein, etwas Göttliches sehen. Die Frage ist nur, was sie unter "göttlich" verstehen, da noch in keiner einzigen Erzählung jemals die Rede von einem Gott der Anatca war. Sicher ist nur, dass dieser Glaube es den Anatca verbietet jemanden grundlos zu töten, wobei es anscheinend nur einen einzigen rechtfertigenden Grund gibt: Töten, um das eigene Überleben zu sichern (also zur Ernährung und zur Verteidigung). Alles andere wäre ein unverzeihlicher Verstoß gegen das göttliche Prinzip.

Die Frage, welche Sprache die Anatca haben, lässt sich nicht so leicht beantworten. Dieses ungewöhnliche Volk dürfte durchaus eine eigene Sprache haben, aber in keiner einzigen Erzählung findet man einen Hinweis auf ihre eigene Sprache, sondern immer nur Behauptungen, die Anatca könnten alle Sprachen der Welt sprechen - auch wenn das etwas absurd erscheint.

Die Anatca und die Dunai

Es gibt auffallende Parallelen zwischen den Anatca und dem Volk der Dunai: einerseits das Äußere (die Gesichtsform, die Statur, die Art sich zu bewegen und einige andere Kleinigkeiten), andererseits die Heilkräfte und die Fähigkeit, die Elemente zu beherrschen.

Wissenschaftler, die nicht an die Existenz der Anatca glauben meinen, dass die Ähnlichkeiten an der frühen Verwandtschaft zwischen unserem Volk und den Dunai liegt, wobei dann gewisse Attribute der Dunai in unsere Mythen Eingang gefunden und zur Ausformung des Volkes der Anatca geführt haben.

Andere meinen, dass die Dunai und die Anatca irgendwann einmal miteinander verwandt waren und sich dann unterschiedlich entwickelt haben.

Zwar sind die Mythen über die Anatca typisch cumeisch und haben in anderen Reichen und Völkern keine Entsprechung, aber die in Cumea lebenden Dunai haben sich trotzdem Gedanken über die Gemeinsamkeiten gemacht und sind zu einer ganz eigenen Erklärung gekommen: Wie die meisten wissen behaupten die Dunai ja von sich von der Maha Mekaira als erstes menschliches Volk erschaffen worden zu sein. Sie meinen nun, dass Ragion, der Maha der Dunkelheit, der laut dunaischen Mythen gern in Form einer Katze auftritt, ebenfalls ein Volk schaffen wollte und dabei Mekairas Dunai als Vorbild genommen und etwas anders gestaltet hat. Das ist eine sehr ungewöhnliche, aber auch interessante Theorie, da die Anatca ja wie Ragion am liebsten in der Dunkelheit leben und in der Tat in manchen Punkten an eine Katze erinnern. Es stellt sich allerdings die Frage, weshalb die Anatca dann in der dunaischen Mythologie nie auftauchen.

Die Gemeinsamkeiten zwischen den Dunai und den Anatca bleiben also letztendlich ein Rätsel, auch wenn sie sich nicht leugnen lassen. Vielleicht wird es der Forschung irgendwann einmal gelingen, das Existenz der Anatca zu beweisen und dann wird vielleicht auch klar werden, weshalb es die Parallelen zwischen den beiden Völkern gibt.

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