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Das Bootsrennen auf dem Siafe
Das ist mein Beitrag zu der Disziplin "Nicht-religiöser Feiertag" bei der Weltenbastlerolympiade 2007. Die Aufgabenstellung lautete folgendermaßen: "Dieser einmal im Jahr stattfindender Feiertag hat einen militärischen Hintergrund. Dabei findet ein bestimmter sportlicher Wettkampf statt. Aus einem bestimmten Grund sind die Feierlichkeiten beim Adel (oder einer anderen Oberschicht) nicht besonder beliebt."
Jedes Jahr im Herbst findet im Osten der cumeischen Provinz Imatos ein Fest statt, bei dem ein Bootsrennen auf dem Fluss Siafe veranstaltet wird. Dieses Fest kann auf eine mehr als 500 Jahre alte Tradition zurückblicken.
Historischer Hintergrund
Am Anfang des 9. Jahrhunderts n. F. war der Osten von Imatos bereits seit mehr als hundert Jahren eine Provinz des Cumeischen Reiches. Im Süden schützte der Stane-Wall die Provinz vor Angriffen der ecwelischen Stämme, und seit den Aufständen von 725 n. F. herrschte in Ost-Imatos Frieden. Daher waren nun nur noch in der Küstenstadt Carchurdan (heutiges Cachuran) Truppen stationiert. Die anderen Städte der Provinz waren lediglich durch die herrschende cumeische Oberschicht, die über Streitwägen verfügte, geschützt. Auch der Wall selbst war nur unzureichend bemannt, da die meisten Legionen in der nördlichen Provinz Carima gegen die Skonländer kämpften.
Im Jahre 811 n. F. geschah das Unfassbare: In einer Nacht- und Nebelaktion überrannten ecwelische Krieger den Wall und zogen weiter nach Norden. Sie plünderten einige Dörfer, ehe sie vor der kleinen Stadt Deisol von den Streitwägen der dort ansässigen cumeischen Adligen aufgehalten wurden. Deisol war insofern von strategischer Bedeutung, weil sie die einzige Straße hielt, die damals durch den Siaraci-Wald und weiter zur Furt durch den Fluss Siafe führte. Sollte Deisol fallen, so würden die Ecweler den Siafe überqueren und weiter in die Kernprovinz Malacos vordringen können.
Zunächst sah es für Deisol nicht gut aus. Die wenigen Streitwägen wurden von den ecwelischen Reitern in unwegsameres Gelände getrieben und dort besiegt, doch die Stadtbewohner leisteten erbitterten Widerstand. Nicht nur die wenigen Fußkämpfer, sondern auch die einfachen Bürger bewaffneten sich und hielten die Ecweler in Schach. Sie wussten, dass es nicht lange dauern würde, bis die Stadt fallen würde, doch die Straße nach Carchurdan wurde von den Ecwelern gehalten und so konnte auf diesem Weg keine Hilfe geholt werden. Daher machten sich vier junge Frauen und Männer auf den Weg durch den Siaraci. In ihrer Verzweiflung bauten sie am Siafe aus dem Schwemmholz ein notdürftiges Floß und fuhren damit den Siafe hinunter bis nach Carchurdan. Die dort stationierten Truppen setzten sich sofort in Bewegung und erreichten Deisol gerade noch rechtzeitig. Es sollte noch einige Jahre dauern, ehe die Ecweler völlig besiegt waren, aber aufgrund des beherzten Handelns der Bürger von Deisol konnten sie den Siafe nie überqueren.
Das Fest
Auch heute noch, über 500 Jahre nach den damaligen Ereignissen, erinnert man sich im Osten der Provinz Imatos an diese tapfere Tat. Jedes Jahr findet im Herbst eine große Feier statt, bei der am Vormittag in den Städten von Sängern und Schauspielern der Stehgreifbühnen die Ereignisse dargestellt werden. Die vier Helden, die die Truppen zu Hilfe geholt hatten, werden mittlerweile beinahe als Halbgötter betrachtet, und ihre Taten wurden seither immer weiter ausgeschmückt. In langen Liedern wird ihre verzweifelte Fahrt den Siafe hinunter geschildert.
Mittags begeben sich alle Bewohner von Imatos, die in der Nähe des Siafe leben, an den unteren Teil des Flusses, wo der Höhepunkt des Festes stattfindet. Viele reisen auch schon Tage vorher von weither an und lagern am Fluss. Denn eine Gruppe junger Männer und Frauen veranstalten zum Gedenken an die Helden von Deisol ein Bootsrennen, das von der alten Furt (wo heute ein Brücke steht) bis nach Cachuran geht.
Die Besonderheit dabei ist, dass alle Teilnehmer ihre Boote und Flöße selbst bauen müssen. Früher hatten sie dafür nur einen Tag Zeit und es wurden allerlei Wetten abgeschlossen, welche Boote es überhaupt den ganzen Weg bis nach Cachuran schaffen würden, ohne unterzugehen. Heute allerdings beginnen die Teilnehmer schon Wochen vor dem Rennen, ihre Boote zu bauen. Bereits mehrere Tage vor dem Festtag begutachten neugierige Zuseher die Boote, schließen Wetten ab, wer gewinnen wird und halten Ausschau nach den schönsten und originellsten Booten. Wenn das Rennen dann beginnt, haben viele bereits ihre Favoriten, und so starten die Teilnehmer unter lauten Anfeuerungsrufen und mit dem Wissen, dass unzählige Menschen abhängig von ihrer Leistung viel Geld verlieren oder gewinnen werden.
In Cachuran werden die Bootsfahrer mit ebenso großer Begeisterung begrüßt, und der oder die Sieger werden in der Stadt gefeiert. Wenn es zu dämmern beginnt, schmücken die Teilnehmer ihre Boote mit Blumen, beladen sie mit ölgetränkten Lumpen und Reisig und stoßen sie sodann hinaus aufs Meer. Mit brennenden Pfeilen entzünden ausgewählte Schützen die Boote, die noch eine Weile in der Bucht von Cachuran hell leuchten, ehe sie schließlich untergehen.
Das Fest findet nun seinen Ausklang mit Festessen und weiteren Heldengesängen entlang des Flusses. Viele junge Männer und Frauen beginnen schon jetzt mit ihren Planungen für den Bootsbau im nächsten Jahr. Für alle einfachen Stadtbürger und Bauern ist dieser Tag einer der Höhepunkte des Jahres, und bereits Wochen vorher erfüllt Vorfreude auf das Fest die Provinz.
Nur beim Adel ist dieses Fest nicht sonderlich beliebt, werden sie doch so jedes Jahr wieder an die Niederlage ihrer Vorfahren erinnert.
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