Home >> Geografie >> Staumarat
Das ist mein Beitrag zu der Disziplin "landschaftlich markanter Punkt" bei der Weltenbastlerolympiade 2009. Die Aufgabenstellung lautete folgendermaßen: "In einer flachen Gegend wird ein wichtiger, breiter Fluss plötzlich für wenige Kilometer auffallend schmal, ehe er wieder in die Breite geht. Um diese Stelle ranken sich nicht nur Sagen und Legende, die Stelle war auch von historischer Bedeutung.
Wie ist diese Engstelle entstanden und welche (nicht wirtschaftliche) Bedeutung hat sie für die Bevölkerung des Umlandes."
Am südlichen Rand der Sümpfe von Ecin, unweit von den Ruinen von Mediet,
erheben sich in der flachen Landschaft bizarre Felsformationen. Sie zwingen den
Fluss Cheitiece, der sonst in einem breiten Band gemächlich dahinfließt, in eine
enge, gewundene Form.
Die Cumeaner nennen diese Gegend Staumarat, die "zerbrochene Festung".
Diese Gegend entstand vor etwa 2500 Jahren, als bei einem Ausbruch der
Vulkanspalte Ohil Lava über den sumpfigen Boden floss. Dabei staute sich ein
Lavasee auf, unter dem das Wasser verdampfte. Der Dampf suchte sich einen
Weg nach oben, zerriss die Lava und ließ sie dabei erstarren. Rundherum floss
schließlich die noch flüssige Lava ab und ließ die seltsamen Formationen aus
Vulkangestein zurück.
Am Ufer des Cheitiece schob sich die Lava ins Flussbett hinein, wo sie zu großen
Teilen erstarrte. Wie eine zerstörte Mauer ragen die Lavagebilde aus dem Fluss
heraus und engen ihn in seinem Lauf ein.
Das alles wissen die Cumeaner allerdings nicht. Für sie bildet Staumarat vielmehr
Anlass zu vielerlei Spekulationen, Mythen und Legenden. Viele sehen darin etwa
die Ruinen der mythischen Festung des Feuer- und Schmiedegottes Lenyron,
von der es heißt, sie wäre von den mit den Göttern verfeindeten Riwony einst
zerstört worden.
Andere hingegen betrachten Staumarat als die Wohnstätte der Nateny, jenen
Naturgeistern, die in Türmen aus Felsen leben und dort ihre Schätze horten. Es
heißt, wer sich nachts in ihr Gebiet verirrt, wird von ihnen in den Felsen
eingeschlossen und für immer darin gefangen gehalten. Daher meiden viele
Staumarat, sobald die Dämmerung hereinbricht.
Lutca Worien, der die Bibliothek in Alturene leitet, sieht schließlich eine
historische Stätte in den Lavaformationen: Er meint, dass es sich um die Ruinen
der sagenumwobenen Siedlung Orilecha handelt. Die Überreste dieser Stadt
werden allerdings von verschiedenen Gelehrten an allerlei Orten im Cumeischen
Reich lokalisiert. Wenn man die beschriebene Lage von Orilecha in der älteren
Literatur betrachtet, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Stadt in den Sümpfen
von Ecin lag, weshalb Lutca Woriens Theorie von anderen Gelehrten massiv
angefochten wird.
Staumarat ist wohl auch deshalb Anlass so zahlreicher Spekulationen, weil
dieses Gebiet vor 300 Jahren, als die Sümpfe von Ecin von den Cumeanern
erobert wurden, eine wichtige Rolle spielte: Im Jahr 1051 n. F. starteten die
Cumeaner ihren ersten Feldzug in die Sümpfe von Ecin und belagerten die
Hafenstadt Mediet.
In den folgenden Jahren konnten sie nicht nur zahlreiche der in den Sümpfen
lebenden Stämme unterwerfen, sondern auch Mediet erobern. Die Stadt wurde
daraufhin ein Stützpunkt der hier stationierten Legionen. Im Flusshafen von Mediet wurden Schiffe gebaut, die schließlich mehrere tausend Soldaten den Cheitiece hinunterbrachten, um weitere Siedlungen im Süden der Sümpfe zu erobern. In
Staumarat aber hatten sich Rebellen verschanzt, die die Schiffe in der Engstelle des Flusses mit einem Hagel von Feuerpfeilen in Brand setzten. Die Soldaten, die in Panik in den Fluss sprangen und sich ans Ufer retteten, wurden alle von den Rebellen getötet. Kein einziger von den Soldaten überlebte. Für die Cumeaner war das die schlimmste Niederlage seit mehr als fünfzig Jahren, zumal sie von den Stämmen im Sumpf kaum großen Widerstand erwartet hatten.
Lelcon Ason Eweit, der die zurückgebliebene Legion in Mediet befehligte, ließ
daraufhin die Stadt dem Erdboden gleichmachen, zog sich dann aber nach diesem
Racheakt mit seinen Soldaten aus den Sümpfen zurück. Erst zwanzig Jahre später wurden die Sümpfe von Ecin schließlich vollständig erobert und dem Cumeischen
Reich angegliedert.
Für die Einheimischen ist Staumarat auch heute noch ein Sinnbild für ihren Sieg über die Cumeischen Soldaten.
Davon abgesehen hat diese Gegend aber auch eine praktische Bedeutung für die Bewohner der umliegenden Siedlungen: Für sie ist das Lavagestein aus Staumarat ein wichtiges Baumaterial. Manche befürchten zwar, die Nateny dadurch zu verärgern, aber bisher ist es zu keinen nennenswerten Unglücken gekommen. Da zudem gutes Baumaterial in den Sümpfen rar ist, werden diese Befürchtungen meist beiseite geschoben und die Häuser auch weiterhin aus dem dunklen Vulkangestein erbaut.