Dunai
aus "Völker unserer Welt"
von Leron Casia aus Alturene
Die Dunai sind im Grunde das einzige Nordvolk, das immer noch in ihrem Herkunftsgebiet lebt, nämlich in Südselegondo. Einst waren sie ein sehr mächtiges und weit verbreitetes Volk, aber ihre glanzvollen Tage sind vorüber und sie leben fast nur noch in ihrem kleinen Reich Palúa. Dennoch haben sie die Geschichte unserer Welt gelenkt wie kaum ein anderers Volk und mit ihren bemerkenswerten Erfindungen und ihrem Wissen haben sie beinahe alle wichtigen Kulturen der Vergangenheit beeinflusst.
So liegt es also nahe, die Geschichte dieses interessanten Volkes einmal genauer zu betrachten:
Geschichte und Kultur der Dunai
Bereits vor mehr als 2000 Jahren lebten die Dunai auf den beiden nördlichen Inseln Litan(Lidáne) und Selecon (Selegondo), die damals noch eine zusammenhängende Landmasse mit Räkant bildeten. Dort entwickelten sie eine blühende Kultur, die in vieler Hinsicht ungewöhnlich war. Anders als bei uns, wo alle großartigen Kulturen von mächtigen Städten getragen wurden und werden, gab es im Norden lange keine richtigen Städte, sondern lediglich kleinere Siedlungen, verstreut liegende Höfe und Festungen, von denen aus die Stammesfürsten über ihre Untertanen herrschten. Heute erscheint uns ihre damalige Lebensweise primitiv, und doch waren die Dunai die ersten, die Bronze herstellten, die ersten, die Waffen aus Eisen schmiedeten, einen Kalender festlegten und längere Texte niederschrieben.
Ihre große Blütezeit begann schließlich nach dem Ausbruch des Sintece. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie sich von der westlichen Insel Litan zurückgezogen und bestimmten nicht länger über die Alender, die sie lange versklavt hatten. Dafür aber vereinten sich viele Fürstentümer, bis Südselegendo schließlich von einem König zentral regiert wurde.
In dieser Zeit entstanden auch die prachtvollen Hügelfestungen, von denen wir heute noch Reste finden, und es bildeten sich erste städtische Zentren.
Zur Zeit des lethoilschen Städtebundes befanden sie sich auf dem Höhepunkt ihrer Macht - hatten sie doch nun auch den Nordteil der Insel in ihr Reich eingegliedert. Aber der Höhepunkt war gleichzeitig der Beginn ihres Niederganges, denn bald darauf kam es zu den ersten Konflikten mit den Skonländern, die aus dem Osten nach Selecon kamen. In den nächsten Jahrhunderten herrschte fast immer Krieg mit den Skonländern, bis sie im Jahr 719 n. F. schließlich ihre endgültige Niederlage hinnehmen mussten.
Seither leben sie nur noch in Palúa, einem winziges Gebiet im Süden von Selegondo, und vereinzelt auch im Stet Cumeat, in Räkant und in Vikon. In der Weltpolitik spielen sie praktisch keine Rolle mehr und Handel treiben sie nur mit unserer nördlichsten Stadt Leza.
Aber die Kultur der Dunai lebt fort: Die Alender sprechen eine Sprache, die der palúadunaischen verwandt ist und erzählen sich immer noch viele der alten Mythen und Heldenlieder. Die Skonländer und auch wir haben viele der erstaunlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Sternenkunde von ihnen übernommen und die skonländische Architektur gleicht in mancher Hinsicht der dunaischen.
Aussehen und Kleidung
Die Dunai sind hellhäutig wie die meisten Nordvölker, haben blondes bis hellbraunes Haar und blaue, grüne oder graue Augen. Ihre Gesichtszüge sind gewöhnlich eher kantig und schmal. Meist sind sie von großer, schlanker Gestalt, wobei die Männer fast immer über sechs Fuß groß werden und auch die Frauen nicht viel kleiner sind.
Aufgrund ihrer beachtlichen Größe und einigen anderen äußerlichen Merkmalen (so haben die Dunai meist keinen Bartwuchs und auch ihre Arme und Beine sind nicht behaart) ist es anzunehmen, dass es zwischen den Dunai und den Anatca eine Verbindung geben muss, was von den Dunai aber grundsätzlich abgestritten wird.
Aber zu den äußeren Ähnlichkeiten kommt auch noch die Begabung mancher Dunai für Elementarmagie, die außer ihnen nur die Anatca besitzen. Über die Magie gibt es von der Gelehrten Tandria Shine aus Aldoran einen ausführlichen Artikel.
Dunaische Frauen tragen eine wollene oder linnene Tunika, die bis auf die Knöchel herabfällt und manchmal mit sich zwischen den Brüsten kreuzenden Bändern in Form gebracht wird. Der Stoff wird an den Schultern entweder von Nadeln, Broschen oder breiten Bändern zusammengehalten.
Ihre Haare tragen sie immer lang und aus dem Gesicht gebunden. Zur Zeit der letzten Könige von Palúa waren Knoten, die von Bändern gehalten wurden, üblich, aber mittlerweile tragen sie das Haar eher schlicht im Nacken zusammengebunden.
Männer tragen entweder ebenfalls eine lange Tunika, der in der Körpermitte durch einen Gürtel zusammengehalten wird oder eine kürzere Tunika mit einer langen Hose darunter. Adlige tragen meist auch einen kurzen Mantel, der auf einer Schulter mit einer Brosche oder Fibel gehalten wird.
Die Haare fallen gewöhnlich bis zum Kinn oder zu den Schultern und werden immer offen getragen.
Gesellschaft und Familie
Im Gegensatz zu den Räkantir sind die Dunai sesshaft und haben eine sehr hoch entwickelte
Kultur. Viele frühe wissenschaftliche Entdeckungen sind ihnen zu verdanken - vor allem in
der Astronomie waren sie einst führend. Kunst wird bei ihnen hoch geschätzt, wobei weniger
die Dichtkunst als Bildhauerei, Malerei und Musik gepflegt wird.
An vielen alten Städten auf Selecon kann man noch die typische dunaische Bauweise erkennen:
eher niedrig gehaltene Bauten aus hellem
Ziegel, die konzentrisch um einen großen Platz in der Stadtmitte angeordnet sind.
Die Gesellschaft der Dunai ist ganz und gar patriarchalisch ausgerichtet. Männer haben in allen wichtigen Belangen die alleinige Entscheidungskraft, und auch in den Familien trifft der Vater alle großen Entscheidungen. So befremdlich es für uns auch ist: Frauen haben bei den Dunai wenig zu sagen und können auch nur begrenzt einen Beruf ausüben. Ihre Aufgabe ist es in erster Linie, sich um die Familie und das Haus zu kümmern. Dies geht sogar so weit, dass die Dunai sich beleidigt fühlen, wenn sie mit weiblichen Kaufleuten aus Nordcumea verhandeln sollen.
Hinzu kommt eine sehr klare Trennung zwischen männlicher und weiblicher Linie: Söhne nehmen den Nachnamen des Vaters an, Töchter den Nachnamen der Mutter. Das führte dazu, dass in den fürstlichen Familien, in denen der Name alles zählt, nur Söhne überhaupt den Namen der Familie weitergeben konnten. Vor diesem Hintergrund ist es nicht weiter verwunderlich, dass die fürstlichen Familien mit der Zeit immer kleiner wurden.
Dies alles gilt allerdings nur für die Dunai von Palúa; all jene, die in den cumeischen Provinzen leben, haben sich in vielerlei Hinsicht unseren Traditionen angepasst.
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